Frau Pastorin Heide Michaela Panke ist Seelsorgerin im Krankenhaus und im Hospiz in Hann.-Münden. Sie hat uns im Unterricht besucht und aus ihrem Arbeitsalltag erzählt.
Während der ambulante Hospizdienst Menschen über Monate hinweg Sterbende zu Hause begleitet, ist das stationäre Hospiz der letzte Ort für sterbende Menschen, und als solcher meistens nur ein kurz besuchter. Wie lange die Gäste dort bleiben ist unterschiedlich. Eine „schöne“ Begleitung eines Sterbenden dauert mehrere Monate. In der Zeit kann man ein gutes Verhältnis aufbauen. Allerdings ist so etwas selten, denn die meisten Gäste sterben wesentlich schneller. Manche Gäste sterben nach zwei bis sieben Tagen. Obwohl die Arbeit sehr erfüllend ist, kann sie auch sehr belastend sein, z. B. wenn es in einer Woche vier Tote gibt.
Es ist sehr wichtig, die letzten Wünsche des Sterbenden, wenn möglich, zu erfüllen, und seine Entscheidungen zu respektieren. Wer zum Beispiel Behandlungsmöglichkeiten ablehnt, kann durch Palliativmedizin unterstützt werden, indem seine Schmerzen bestmöglich gelindert werden. Einmal wollte eine Frau unbedingt getauft werden. Frau Panke erzählt, dass sie der Frau zugehört habe, sich Zeit genommen und mit der Frau gesprochen habe, sie gefragt habe, was sie sich erhofft. Der Wunsch nach Heilung stand im Raum. Die Frau war nicht bereit zu sterben. Das Wunder des der körperlichen Heilung ist auch nach der Taufe nicht geschehen. Die Frau ist zwar ein paar Tage nach ihrer Taufe gestorben, aber Gott hat ein anderes Wunder in ihr bewirkt: Die Frau wurde innerlich heil und konnte ihren Tod bejahen: Es wurde ihr durch die Taufe zum ersten Mal möglich, den eigenen Tod anzunehmen und in Frieden zu sterben. Diesen tiefen Frieden spürte nicht allein die Frau, sondern auch ihre Familie und Mitarbeitenden im Hospiz.
Der Glaube gibt Rückhalt, so Frau Panke. Gott trägt und stützt, auch in solch schweren Momenten. Durch Jesus Christus vertrauen wir Christen darauf, dass Gott auch, und besonders, im Leid mit dabei ist. Das gibt Kraft und Zuversicht.
Eine positive und gemütliche Atmosphäre soll das Hospiz auch optisch vermitteln. So sind die Zimmer alle Einzelzimmer und als solche liebevoll in warmen Farbtönen und individuell eingerichtet, damit der Sterbende sich möglichst wohlfühlt. Der Abschied ist sehr wichtig. Das gilt sowohl für die Angehörigen als auch für die PflegerInnen. Auch Kinder sollten die Möglichkeit haben sich zu verabschieden, wenn sie das wollen. Traurig ist es, wenn eine Aussöhnung nicht mehr stattfindet. Aber auch das gehört zum Leben, das immer auch Brüche aufweist. In solchen Situationen können dem Sterbenden Rituale helfen. Im Rahmen eines geordneten Laufes kann es beim Abschiednehmen helfen zu wissen: Ich vertraue mich jemand anders an. Es geht weiter, Gott findet Wege der Aussöhnung und des Friedens. Der Sterbende bekommt ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet und wird von Pastorin Panke gesegnet. Das ist das Zeichen der besonderen Würde: Der Sterbende ist ein Königskind, denn er ist ein Kind Gottes. Als solches hat er gelebt und so wird er auch sterben. Jeder Sterbende ist einzigartig, und deshalb ist auch jede Trauerfeier einzigartig.
Wenn sich der Tod ankündigt, verändert sich der Körper schnell. Pastorin Michaela Panke fühlt sich durch diese Veränderungen immer wieder daran erinnert, dass wir alle nur Gäste auf dieser Erde sind.
Sehr wichtig für die eigene Verarbeitung der vielen Tode ist, dass mit jedem Leichnam respektvoll und würdevoll umgegangen wird. Im Hospiz ist Zeit, um den Verstorbenen zu waschen, ihn einzukleiden und aufzubahren. Eine Kerze wird angezündet und das Fenster geöffnet. Das gibt Angehörigen und Pflegekräften Raum, dem verstorbenen Gast die letzte Ehre zu erweisen.
Im Krankenhaus ist der Umgang mit Verstorbenen etwas anders. Dort ist kaum Raum, sich von dem Verstorbenen zu verabschieden. Die Leichname werden eher in den Kühlraum gebracht, anstatt im Zimmer verbleiben zu können. Man hat den Eindruck, dass schnell Platz geschaffen werden muss, weil der Fokus auf dem Heilen liegt. Im Hospiz ist das anders, da geht es im Angesicht des Todes um ein würdiges Leben bis zuletzt. Nicht mehr Therapieren, um zu heilen, sondern um Schmerzen zu lindern, so dass ein Mensch würdevoll zu seiner Zeit sterben darf. Es gibt es auch einen Raum der Stille, der als Raum des Abschiedes dient. In Coronazeiten ist das alles erschwert. Aber immer gilt: Je persönlicher der Abschied, desto heilsamer ist es für die Angehörigen und das Personal.
Im Hospiz gibt es ein Buch, in das die Namen der Verstorbenen eingetragen werden. Am Totensonntag werden alle Namen der Verstorbenen verlesen und für jeden Einzelnen wird eine Kerze angezündet.