© Sophie Schäfer

Wer ist…. – Die Theologie, das Leben und ich

Quelle: Sophie Schäfer

Ich glaube ...

Quelle: Sophie Schäfer
... eine Vorstellung von Gott hat nicht, wer die plausibelste Theorie konstruiert, sondern wer sich auf Gott (hin) verlässt und vertraut ohne zu wissen

Der schönste Beruf der Welt

Ja, ich liebe es Pastorin zu sein.

Ich glaube, es braucht Gottes Wink um auf die Idee zu kommen Theologie zu studieren. Aber ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen!

1.      Kognitiv herausfordernd: Gefragt sind sehr viele unterschiedliche Fähigkeiten, Kompetenzen und Fachwissen in unterschiedlichen Fachbereichen
2.      Sozial: Seelsorge und Beratung
3.      Kreativ: Neue Ideen und Projekte sind immer gefragt
4.      Breit gefächert: PastorInnen können in einer Gemeinde, in der Schule (Lehre), in unterschiedlichen Institutionen als Seelsorger (Krankenhaus, Hospiz, Gefängnis, Militär, …) oder in kirchlichen/diakonischen Einrichtungen arbeiten, …
5.      Verantwortungsvoll selbständig: Ich mag es sehr, dass unser Arbeitgeber Kirche uns PastorInnen viel zutraut und uns viel anvertraut und uns viele Freiheiten lässt. JedeR von uns PastorInnen ist sehr frei in der Gestaltung der Arbeit.
6.      Sinnstiftend: Gott ist Grund aller Existenz und die Rückbesinnung auf Gott schenkt Kraft und Motivation.
7.      Profitfreiheit: Profitmaximierungsfreiheit in diesem Beruf. Wie wundervoll zeitgeistwidrig.
8.      Reizüberflutungsschutz: Es gibt Möglichkeiten „home office“ zu betreiben.
9.      Gleichgesinnte KollegInnen: Mit Kolleginnen über Probleme reden, mit Gleichgesinnten beten, Kollegen nachts aus dem Bett klingeln, weil ein Notfall ansteht. Wo sonst geht das?

Ich brauche immer mal Abwechslung und kann dasselbe nicht zu lange machen. Außerdem brauche ich regelmäßige Auszeiten zur Erholung von all den vielen unterschiedlichen Reizen. Ich bin also speziell und brauche dementsprechende spezielle Bedingungen.

Nein, ich kann mir für mich keinen besseren Beruf vorstellen.
Quelle: Sophie Schäfer

Wie ich auf Theologie als Studienfach gekommen bin...

Meine Schulzeit war für mich eine unbelebte, tote Zeit, eine Zeit des Horrors. Allerdings hatte das nichts mit der Schule zu tun, in der Schule war ich gerne. Das meiste hat mich auch interessiert. Ich brauchte Wissen, das meinem Leben diente. Ich nahm Interessantes automatisch auf. Was mich nicht interessiert hat, hat mich nicht gekümmert. So rangierten meine Noten zwischen 0 und 15 Punkten, wobei das Gute relativ deutlich überwog. 

In der Oberstufe hatte ich "freiwillig" Rechtskunde, Religion UND Werte und Normen. Ich wollte in all diese Kurse, weil ich mir etwas Orientierung davon erhoffte.

Durch meinen Jura-Kurs in den USA war ich in der 11. Klasse an Jura interessiert. Mein Opa war Richter gewesen. Hatte er Ahnung vom Leben gehabt? Dann kam in der 12. Klasse mein Rechtskundekurs und ich merkte, dass Recht(-sprechung) und Gerechtigkeit nur sehr bedingt zusammenhingen. Richten wollte ich sowieso nicht. Also war das erledigt.

Ich dachte immer: Keine Lehre ist so schwer wie das Leben. Ich kam mit dem Leben nicht klar. Einige Male hatte ich aber eine Pastorin im Gottesdienst erlebt. Ich hatte das Gefühl, dass sie wusste, wo es langgeht und die Orientierung hatte, die ich wollte. Das behielt ich im Hinterkopf. Sie war später auch bei meiner Ordination dabei.

Da ich mich selbst mit meinen Überlebensstrategien schon vorher zum Experiment gemacht hatte, kam ich auf die Idee Psychologie zu studieren. In der Zeit war ich mit einem Briten zusammen, hatte deshalb vor im UK zu studieren. War auch schon soweit vorbereitet.

Dann kam das Abi. Und ich entschied mich erstmal ein paar Monate nach Manila (Philippinen) in eine Drogenreha zu gehen (als Praktikantin). Vielleicht wäre Entwicklungshilfe etwas für mich. Es war eine interessante Erfahrung. Ich war 19, in der Reha waren um die 30 relativ junge Männer. Die Reha wurde von fundamentalistischen Christen geleitet. Als ich dazukam, prallten Welten aufeinander. Gut drei Monate konnten wir koexistieren. Der Leiter erzählte dann aber wie gottlos und ungläubig Pastor*Innen in Deutschland seien und meinte, dass Homosexualität "heilbar" sei. Bei beidem widersprach ich ihm und flog dafür raus. Innerhalb von drei Tagen musste ich zurückfliegen. Vorher hatte er mich mit Bibelzitaten halbtotgeredet.

Ich hatte wirklich leider gar keine Ahnung und konnte ihm überhaupt nichts entgegenhalten. Was ich damals wusste, beschränkte sich auf einen Satz: Ich glaubte zu wissen, dass Jesus im Neuen Testament eine Rolle spielt und im Alten nicht.

Das wollte ich nicht nochmal erleben. Also musste ich etwas Theologie studieren. Denn ich hatte das vage Gefühl, dass er die Bibel missbraucht. Also entschied ich mich sehr spontan Theologie auf Pfarramt zu studieren, weil ich wusste, dass das für Theologie der umfassendste Studiengang war. Ich trennte mich von meinem Freund, ging aber zugleich davon aus Theologie nicht zu Ende zu studieren und Psychologie vielleicht in Deutschland nachzuholen. 

So fing ich im Sommer 2005 in Bethel an zu studieren. Der damalige Oberkirchenrat hatte mir dazu geraten, weil das der beste Ort sei um die drei alten Sprachen zu lernen. Die Sprachen waren /  sind hilfreich, denn so konnte ich die Behauptungen anderer überprüfen. Danach war ich eigentlich aber schon fertig mit der Theologie und liebäugelte wieder mit der Psychologie. Ich sprach mit einem Kommilitonen über meine Zweifel und fragte ihn, ob ich aufhören solle. Er sagte: „Hör nicht auf, das wäre doch schade.“ Also habe ich weitergemacht.

Dass die Theologie und ich nicht zusammenpassen würden, habe ich im Laufe meines Studiums öfter mal gehört. War mir aber egal. Nicht aufhören heißt weitermachen. 

Ich wollte so gerne glauben und fand viele Bibelverse wirklich schön, geglaubt habe ich aber eigentlich gar nichts. Wer sich etwas länger mit mir unterhalten hat, hat das auch gemerkt. Allerdings sah ich mich überhaupt nicht als Theologin. Ich studierte, weil ich Wissen brauchte um mich irgendwie in dieser komplizierten Welt zu orientieren.

Wie also kam ich zum Glauben?  -- Fortsetzung folgt.
Quelle: Sophie Schäfer
Ein typischer Kreuzgang. Hier im Kloster in Ratzeburg. Viele Bögen, viele Menschen, viele Lebenslinien. Einander tragen.

In die Situation hineinwachsen

Liebe M,

unser Gespräch geht mir noch nach. Du warst so traurig. Und Dein Verlust ist ja auch erst wenige Monate her. Als Du mich nach meinen Erfahrungen fragtest, und wissen wolltest, ob ich glaube, dass man über alles hinwegkommen kann, reagierte ich ausweichend. Ich denke, dass das wirklich schwer zu beantworten ist. Manche Menschen schaffen das bestimmt. Aus meiner eigenen Erfahrung würde ich sagen, dass es Dinge geben kann, die nie wieder "gut" werden. Dass da immer eine Schwere bleibt, eine Last, ein Hunger, der nicht stillbar ist. Und es vergeht kein Tag, an dem das anders wäre. Aber dennoch glaube ich, dass das Leben trotzdem schön sein kann. Vermutlich wird das Leben immer bunter, je besser ein Trauernder lernt mit dieser Ambivalenz zu leben. Aber das ist harte Arbeit. Vielen Menschen hilft Zeit. Das bloße Vergehen der Zeit kann ein Zuarbeiten zum emotionalen Distanzgewinnen sein. Und manchen Menschen reicht das nicht aus. Wenn Du merkst, dass Du feststeckst, dass Du Dich nicht befreien kannst, dass die Welt schwarz bleibt, dann ist es Zeit, dass Du Dir Hilfe suchst. Denn manchmal braucht es jemanden, der einem hilft, den Blick in eine andere Richtung zu lenken. Das ist in Ordnung, das darf sein.

Bei mir; Es gab einen sehr harten Schlag, der mich so sehr traf, dass ich sehr krank wurde. Es brach mir das Herz. Im Krankenhaus hörte ich, wie ernst die Lage war. Die Ärzte erklärten mir später, dass Teile meines Herzens vernarbt sind. Die vernarbten Teile haben ihren Dienst eingestellt und pumpen nicht mehr. Aber es betrifft eben nicht mein ganzes Herz. Und mein Zustand stabilisierte sich. Ich denke, das ist sehr sinnbildlich für mein ganzes Leben: Es gibt Dinge, die nicht wieder gut werden. Und trotzdem ist Leben möglich. Nur anders als vorher. Ich denke, ich nehme hin, dass es dieses "Vorher" und ein "Nachher" gibt. Aber auf das Jetzt kommt es wirklich an, denn jetzt ist auch Deine Zeit, Dein Leben. Darum ist es wert, dass Du dafür kämpfst. Du bist es wert. 

Ohne Umwege direkt in das Herz

Ja! Musik hat mir beim Überleben so einiger Krisen geholfen.
Daher: 
Ja, Musik kann Leben verändern und auch retten. 
Musik ist mächtig. 
Sie ist die einzige Sprache, die jeder Mensch versteht. 
Musik kann ohne Umwege direkt in das Herz des Menschen treffen 
und dort Wunder vollbringen. 
Durch Musik können Menschen 
sich erstmals verstanden fühlen, 
einen Sinn entdecken,
wieder Hoffnung schöpfen.

Eins dieser Lieder, das mir wirklich geholfen hat, ist Leonard Cohen’s Hallelujah.
Das habe ich in einer schlimmen Zeit etwa 10 000 Mal gehört und gesungen.
Die Version, die hörte, gibt’s nicht auf Youtube.
Hier eine andere Version:

Jeff Buckley
https://www.youtube.com/watch?v=WIF4_Sm-rgQ

Kate Voegele
https://www.youtube.com/watch?v=nqObhqmJnvs

Selbstliebe - Seele

Ein Verhältnis zu sich selbst haben; sich seiner selbst bewusst sein: Selbstbewusstsein. Auch das ging mir noch in meinen frühen 20ern völlig ab. Ich lernte erst, dass ich eigene Bedürfnisse und Gefühle habe. Ich lernte Kontakt zu mir selbst aufzubauen. Irgendwann fing ich an mich selbst zu fragen: Will ich das überhaupt? Was will ich eigentlich? Was brauche ich? All das war völlig neu für mich. Mittlerweile stehe ich in sehr gutem Kontakt mit mir selbst.

Im Laufe der Zeit sammeln sich Verletzungen an. Vielleicht entwickeln manche Menschen Ängste, die andere nicht verstehen. Das muss auch nicht sein. Für mich kann ich sagen: Es ist ok. Denn alles, was war, macht mich zu der Frau, die ich jetzt bin. Ich lebe im Frieden mit mir, mit meiner Vergangenheit und Gegenwart. Dieser Frieden ist Gnade. 
Quelle: Sophie Schäfer
Der Mund kann lächeln, während die Augen traurig sind.

In eigener Sache: Gib niemals auf!

Nein, nicht immer entspricht die Vergangenheit eines/einer Geistlichen der Utopie, an deren Verwirklichung wir arbeiten. 

Es gibt miese Sätze, die manche Menschen ziemlich gedankenlos raushauen. Auch ich habe intensive Erfahrungen dieser Art gesammelt. Hier ist eine Auswahl dieser verzichtbaren Kommentare, die mir selbst ins Gesicht gesagt wurden.

"So jung und so kaputt" – Ein Bekannter mustert mich und sagt das dann

Verächtlich: "Du hast Defizite in allen Bereichen" – Mutter meines Freundes zu mir
 
"Du bist dümmer als die Polizei erlaubt" - enge Verwandte
  
"Zeig wenigstens nicht wie dumm du bist" - Lehrer; ich war nicht seine Schülerin
 
"Ganz gut für jemanden aus dem Norden" – Co-Prüfer im Studium zu meiner 1 im Latinum

"Du hast Deine Menschlichkeit verloren" - Mitstudent, nachdem ich ihm meinen größten Schmerz offengelegt hatte
 
"Du bist so gemein" – Kommilitonin (ich habe das nie verstanden)
 
"Du bist wie Hitler" – Kommilitonin (auch diese Aussage habe ich nie verstanden)

Es ist schwer solche Sätze zu vergessen. Das ist mir auch nicht gelungen. Aber solche Sätze sind gut um etwas zu zeigen. Und das sage ich besonders Euch, meinen lieben Schüler*Innen:

Niemals solltet Ihr irgendjemandem die Macht zugestehen, Euch festzulegen. Ihr seid so viel mehr als irgendein Mensch erkennen kann. Niemand kann sehen, was in Euch ist. All die Wünsche, Gefühle, Talente, aber eben auch Angstblockaden.

Es ging mir damals nicht sehr gut, das konnte man vermutlich merken. Und dennoch ist es so, dass viele Menschen nicht fragen, sondern urteilen. Dabei kann echtes Interesse Leben retten! Mit blinden Urteilen blenden Menschen dagegen quasi aus, dass der Eisberg unter dem Wasser noch weitergeht. Manche Menschen sehen nur, was sie sehen wollen…

Aber deren Blindheit ist keine Aussage über Euch!

„Denn es ist nicht so, wie ein Mensch es sieht: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“

1 Sam 16,7

Die obigen Sätze waren zwar verletzend, aber letztlich doch nicht unbedingt Aussagen über mich. Irgendwie habe ich es ja „trotzdem“ geschafft. Auch Ihr könnt viel mehr als andere vielleicht glauben. 

Zeigt es ihnen.

Selbstliebe - Körper

Voraussetzung für Selbstliebe ist, dass man ein Verhältnis zu sich selbst hat; in Kontakt mit sich selbst ist. Dazu gehört auch ein gutes Verhältnis zum eigenen Körper... Bei mir war das nicht immer so, ich habe eine Zeit lang eine Art Krieg gegen meinen eigenen Körper geführt. Auf dem (alten) Bild sieht man, wie ich unmotiviert im Essen herumstochere. Ich selbst sah mich 30kg+ und konnte, wegen dieser krummen Wahrnehmung, kein gutes Verhältnis zu meinem Körper entwickeln. Es braucht Zeit und Geduld... Aber es ist möglich... mit dem eigenen Körper zufrieden zu sein und außerdem, nach Krankheiten, Vertrauen in den eigenen Körper wiederzufinden. Mittlerweile bin ich viel schwerer als damals, aber auch viel zufriedener. Eine Übung kann sein: In der Dusche sich selbst bewusst fühlen und wahrnehmen, von oben bis unten. Was fühlt sich wie an? 

Selbstliebe zeigt sich im Alltag

Quelle: Sophie Schäfer
Zu der Zeit ging es mir nicht besonders gut
Ein weißes Blatt Papier,
wer würde es sich hinhängen um sich daran zu erfreuen?
Braucht ein Blatt nicht Linien und Flächen, 
Farbe und Textur, 
damit es spannend wird
und Tiefe bekommt,
die den Betrachter in neue Welten zu entführen vermag?
Ist nicht ein Leben mit Wunden
das Leben, das den Menschen wachsen und reifen lässt?
Narben sind Lebenslinien,
unvermeidlich und zugleich eine Auszeichnung,
die der Lebensgeschichte viel Tiefe verleiht. 

Narbenpflege - körperlich wie seelisch

Quelle: Sophie Schäfer
Meine Narben gehören zu mir. Sie erinnern mich an meine Geschichte.

Danke

All mein Mühen, Tun und Sagen wäre nicht mehr,

ohne all die Menschen, die diesen high-Tech-Schrittmacher entwickelt haben,

die für die Zusammensetzung des Geräts zuständig waren,

die Menschen im Krankenhaus, die ihn für mich bestellt haben,

die Dame, die mich stationär ins Krankenhaus aufgenommen hat,

die die disziplinübergreifende Logistik im Krankenhaus planen,

die Menschen, die im Krankenhaus vorab sämtliche Untersuchungen durchgeführt haben,

die mich zur rechten Zeit von der einen Untersuchung zur nächsten schickten oder brachten,

die Menschen, die bei allen unterschiedlichen Untersuchungen den Überblick behalten und das Ganze auswerten,

die Menschen, die den OP steril und das Krankenhaus sauber halten,

die OP-PflegerInnen, die alles für die Operation vorbereiten und bei der Operation helfen,

den Chirurgen, der mir schon 2014 das Leben verlängert hat,

die PflegerInnen, die Engelsdienste leisten, wenn ich darauf angewiesen war,

die Dame in der Defi-Ambulanz, die meine Schrittmachertätigkeit seit 2008 überwacht,

die Ärzte und Ärztinnen, die sich vor und nach der OP um mich gekümmert haben,

die Menschen, die für Trinken und Essen für alle PatientInnen sorgen und so auch längere Aufenthalte ermöglichen…



Die Liste ließe sich ganz sicher fortsetzen!

Wie gut, dass Menschen so unterschiedliche Gaben und Talente haben und sich in ihrem Zusammenspiel so perfekt ergänzen. 

Danke sage ich all diesen wundervollen Menschen.

Dazu kommt das Glück in einem Land geboren und aufgewachsen zu sein, 

das diese erstklassige medizinische Versorgung ermöglicht.

Alles ohne mein Zutun.

Dass ich lebe, ist reine Gnade, jeden Tag.

Danke, Gott.
Quelle: Sophie Schäfer

Dankbarkeit

Ob ich irgendwann im Laufe der Jahre dankbar geworden sei?

Ich erinnere mich sehr gut an den Moment, in dem ich dankbar wurde. Das war 2008. Ich war 23 und hatte gerade den Studienort gewechselt. Ich wusste, dass etwas mit mir nicht stimmt. Ich wurde mehrfach ohnmächtig, hatte keine Kontrolle mehr über meinen Körper. Mein damaliger Hausarzt hatte mich bis dahin vertröstet, dass das bei Frauen aufgrund der Menstruation normal sei. Beim nächsten Anlauf attestierte er mir Eisenmangel. 

Als ich wieder ohnmächtig wurde, sah es ein Pastor, der den Krankenwagen rief. Im Krankenhaus blieb ich ein paar Tage, bis Ärzte mich in meinem Zimmer besuchten und mir sagten, dass mein Herz krank war. Sie meinten, ich würde einen Herzschrittmacher benötigen. Da durchfuhr mich eine große Dankbarkeit. Ich fühlte mich ernstgenommen und war unendlich dankbar, dass sich Ärzte wirklich Gedanken gemacht hatten, was ich haben könnte, und mir auch sogleich eine Lösung präsentierten. 

Seitdem begleitet mich diese tiefe Dankbarkeit jeden Tag. Ich kann mir vorstellen, dass es dem dänischen Fußaller Christian Eriksen möglicherweise ähnlich geht. Ich weiß es nicht, aber in dieser bestimmten Weise fühle ich mich ihm verbunden. Das eigene Leben hängt am seidenen Faden und man selbst ist im wahrsten Sinne des Wortes ohnmächtig und komplett angewiesen auf die Hilfe anderer. Das ist ein Wunder, eine besondere Erfahrung.  
Quelle: Sophie Schäfer

Gott als Vater? - Teil 1

Siebenhundert Kilometer nördlich von Deiner Heimatstadt wuchs ich auf. Nicht nur die Distanz war wirklich groß. In Bethel kreuzten sich unsere Wege für eine Weile. In einer Andacht machtest Du beim Bibliodrama mit. Es ging um Psalm 23. Du erzähltest, wie Du eine Bergwanderung mit Deinem Vater machtest. Unwegsames Gelände. Viele Gefahren lauerten, aber Dein Vater hielt Dich. Du brauchtest keine Angst zu haben. Im Zweifelsfall war da eine starke Hand, die Dich auffangen würde. So sei Gott. War in der Sonnenstadt Deutschlands auch das soziale Klima einfach freundlicher als im rauen Norden? Du schienst mir wie ein Mensch aus einer besseren Welt. Ich lächelte und fand Deine Ausführungen bezaubernd, weil sie mir unvorstellbar erschienen, mit meinem Leben nichts zu tun hatten. Es gelang mir also in keiner Weise, diesem Vergleich etwas abzugewinnen, weil es lebensfremder für mich nicht hätte sein können. Wenn das liebevolle Umsorgen und Beschützen Gottes Wirken war, musste er mich vergessen haben. Oder mich hassen. Deine Ausführungen brachten mich zum Lächeln, und dennoch hatten sie etwas sehr Beunruhigendes. Wie war das nun mit Gott und mir?  

Gott als Vater? - Teil 2

Mittlerweile glaube ich, dass dieser damalige Mitstudent, meine geistliche Herausforderung, gewiss recht hatte. Und auch ich hatte die plausibelsten Gründe Gott auf diese Weise nicht auf die Spur kommen zu können. Wer die Erfahrung liebender, interessierter, sorgender Eltern nicht gemacht hat, kann dieses Gefühl der Geborgenheit unmöglich auf Gott übertragen. Das ist so, wie wenn man einem von Geburt an blinden Menschen die Schönheit eines Blumenstraußes zu erklären versucht. Farben, die er nie gesehen hat, wird er kaum so vorstellen können, wie der Sehende es kann. 
Wie lässt sich das also zusammenkriegen? Gott als Vater? 

Gott als Vater? - Teil 3

Gott, der ganz andere:

Wer liebende, umsorgende Eltern hat, kann sich vielleicht vorstellen, dass eine solche Liebe, nur noch viel stärker, von Gott ausgeht. 

Mittlerweile glaube ich, allerdings dass Gott grundsätzlich anders ist als Menschen. Auch Menschen machen Fehler, verletzen, enttäuschen. Gott allerdings ist gut. Und Gott ändert sich nicht. Er ist der, der er war, und wird sein, wer Gott ist. In seiner Güte liegt unbedingte Zuverlässigkeit. Das macht es mir schon einmal leichter einen Zugang zu Gott zu finden. 

Wer also Eltern hat, die eher Angst machen, Freiheiten nehmen, sich nicht um die Entwicklung des Kindes kümmern, kann Gott eher auf die Spur kommen, indem er Gott als ganz Anderen glaubt, denn so wünscht es sich Gott für Kinder nicht, wie lieblose Eltern sich verhalten. Das ist nicht das Bild, das im Neuen Testament vermittelt wird. Wer das Gleichnis vom Verlorenen Sohn anschaut, sieht, dass Gott einer ist, der Menschen Freiheit lässt, aber sie liebt, und – metaphorisch gesprochen – mit offenen Armen immer wieder neu annimmt. 

Gott wünscht sich einen liebevollen Umgang unter Menschen. Das hat er in Jesus gezeigt. Jesus hat es Menschen durch sämtliche Gleichnisse weitergegeben. Sich an das Vorbild Gottes zu halten, kann ein Stückchen Himmel auf die Erde holen. Aber trotzdem wird nie ein Mensch an die Güte Gottes herankommen.

Warum

erwähne ich überhaupt, 
dass ich die Notfallseelsorge im Kirchenkreis Hann.-Münden koordiniere?

Es ist leicht, 
die evangelische Kirche überflüssig zu finden,
wenn man nicht weiß,
wofür sie steht, wo sie vertreten, präsent und im Verborgenen aktiv ist.
So viele meiner KollegInnen machen Engelsdienste,
die aber durch die Öffentlichkeit eher wenig zur Kenntnis genommen werden.
Des Öfteren scheint mir, als sei "Kirchen-Bashing" gerade ein Trend.

Dieser Trend könnte sich umkehren!
Menschen müssen wissen, wofür Kirche steht. 
Mein Anfang ist, dass ich öffentlich zeige, was evangelische Kirche *auch* ist,
was meine Arbeit ausmacht.

Schauen Sie auf die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in IHRER Gemeinde!
Die PastorInnen und DiakonInnen leisten wichtige Arbeit! 
Auch Sie sind wichtig! 
Machen Sie mit und machen Sie die Welt besser!
Seien auch Sie einE ArbeiterIn im Weinberg des HERRN!
Gemeinsam arbeiten wir an der Heilung der Seelen und der Erhaltung der Schöpfung. 

Überall ist Schönheit zu entdecken!

Was ist Schönheit für Sie?

Natürlich lässt sich Schönheit auf alles Mögliche beziehen und natürlich kann man einfach in einem Lexikon nach „Schönheit“ oder „Ästhetik“, „weichem Stil“ oder „schönen Madonnen“ schauen. Das ist aber langweilig. 

Hier schreibe ich über das, was ich aus meinen Erfahrungen heraus als „Schönheit“ definieren würde. Der Einfachheit halber beziehe ich mich mit „Schönheit“ nur auf Menschen. Aber natürlich lässt sich auch in der Natur unendlich viel Schönheit entdecken, und auch Erfahrungen können, denke ich, voller Schönheit sein.

1. Gedanke: Schönheit - Augenhöhe

Das eine Foto zeigt eine weibliche Figur, den Kopf auf den Händen abstützt und den Kopf und Blick gesenkt hält. Sie ist nackt, hat ein Bein angewinkelt, das andere Bein liegt angewinkelt auf dem Boden. Würde ich diese Position deuten, würde ich denken, dass die Frau ziemlich in sich versunken ist. Sie sucht keinen Blickkontakt, sie stützt ihren Kopf ab, hat eine raumsparende Pose eingenommen und schaut auch nicht besonders fröhlich aus, sondern eher ernst. Sie ist nackt und somit unverhüllt, schutzlos. Sie kann sich dem Blick des Anderen nicht entziehen, sie kann nichts verstecken, keine Fragen dem Blick des Anderen entgegensetzen. Je oberflächlicher der Blick des Anderen, desto verschlossener ihre Pose. 

Diese Figur habe ich gestern aus Vogelperspektive fotografiert. Ich glaube, Schönheit erkennt nicht, wer aus Vogelperspektive auf andere blickt. Wer sich selbst über andere stellt, hat die Suche nach dem Anderen aufgegeben, erkennt weder sich, noch die Schönheit des Anderen. Ich glaube, um Schönheit zu erkennen braucht es eine Offenheit für die Fremdheit des Anderen, die Unterschiedenheit zum Selbst und eine neugierige Freude, sich auf diese Differenz einzulassen.
Quelle: Sophie Schäfer

2. Gedanke: Schönheit - Liebe macht schön

 An unsere erste Begegnung erinnere ich mich sehr gut. Ich sollte beschreiben, was ich fühlte, sah aber nichts. Ich sprach von einem dilettantisch verschliffenen Backenzahn mit runder Kaufläche. Das war vor 20 Jahren im Kunstunterricht. Hätte ich damals gewusst, welch großes Unrecht ich der Venus von Willendorf damit antue. 

Die Figur ist etwa 30 000 Jahre alt und wurde vor gut 100 Jahren in Willendorf gefunden, deshalb heißt die Figur so. Anfangs fand ich sie nicht besonders schön. Mittlerweile habe ich sie sehr ins Herz geschlossen. 

Ich bewege im Herzen, dass diese Rundungen vor 30 000 Jahren wohl das Non-Plus-Ultra in Sachen Schönheit waren. Damals gab es ja auch noch keine Schokolade, und es ist vermutlich nicht leicht, so viel Gewicht zu gewinnen, wenn man sich von Beeren und Tieren ernährt. 

Wie auch immer. Wichtig war das, was als weiblich galt. Das wurde überdeutlich dargestellt. Die Brüste, Hüfte, Schamlippen waren wichtig, Arme, Gesicht oder Füße dagegen gar nicht. 

Dagegen gestellt habe ich eine (recht kunstfreie) moderne Figur. Sie ist relativ naturalistisch dargestellt und eher hoch gewachsen und schlank. Äußere Genitalien hat sie leider gar nicht. Was damals als besonders weiblich (und schön) galt, wurde "eingeebnet", eine Fläche anstelle einer Vulva. 

Wenn ich die beiden Figuren vergleiche, ist mir die kleine Venus viel lieber. Sie ist etwas Besonderes, weil sie mich daran erinnert, wie flüchtig "modische" Schönheitsideale sind. Was gerade als "schön" bezeichnet wird, ist wackelig genug, um sich regelmäßig ändern zu müssen: In besonderem Maße mag diese Zukunftslosigkeit auf Haute Couture zutreffen. Aber sogar Körper von Menschen bleiben vor bestimmten Schönheitsvorstellungen nicht verschont. Dünn oder dick, lange Haare oder kurze, hell oder dunkel, große Brüste oder kleine etc. Die Ideale ändern sich, doch diese Vielzahl an Formen wird es immer geben.   

Mein Fazit hier gilt also auch für Menschen: Schön ist alles, was man mit wohlwollenden Augen betrachtet.  Und für mich sind es mittlerweile besonders die kleinen Makel, die Schwächen, die Asymmetrien, die einen Menschen wirklich "schön" machen. Liebe vermag Menschen, unabhängig von ihrem Aussehen, Schönheit zu verleihen.   
Quelle: Sophie Schäfer

3. Gedanke: Schönheit - Frei von Hass

Quelle: Sophie Schäfer
Für mich strahlen Menschen Schönheit aus, die trotz negativer Erfahrungen nicht verbittern, sondern an sich selbst arbeiten, um der Welt wieder begegnen zu können. Ich finde Menschen schön, die frei sind von Hassgefühlen.

4. Gedanke Schönheit: Lebensbejahung

Das Wurzelwerk des Baumes ist (vermutlich) von Ratten zerfressen, die drei trockenen vergangenen Jahre haben ihm den Rest gegeben. Der Baum wird von Jahr zu Jahr kränker, aber er bildet immer noch Blätter und betreibt immer noch - so gut er kann - Photosynthese.

Ich sehe eine besondere Schönheit in Menschen, die ihr eigenes Leben bejahen können so lange es währt. Und die ihe Leben loslassen können, wenn es zu Ende geht. Eine lebensbejahende Kraft, die nicht klammert, sondern dankt und genießt, das Geschenk annimmt, so lange es dauert. Darin liegt Kraft und Weisheit und ich sehe darin große Schönheit. 
Quelle: Sophie Schäfer

"Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!" --- ???

Ich frage mich, ob jemand diesen Satz aussprechen kann, ohne innere Widerstände wahrzunehmen. Ich frage mich, ob jemand wirklich überzeugt sein kann, dass jeder ausschließlich selbst für das Gelingen des Lebens zuständig ist.

Dieser Satz geht, denke ich, Menschen eher über die Lippen, die es im Leben trotz gewisser Widrigkeiten „zu etwas gebracht“ haben. 

Das Leben ist hart, aber dieser Satz ist noch härter, weil er suggeriert, dass es möglich wäre, dass ein Mensch aus eigener Kraft lebt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das gar nicht möglich ist. Die Bedingungen sind derartig zutiefst unterschiedlich und unvergleichlich, dass dieser allgemeine Satz einfach über die schlimmsten Schwierigkeiten hinwegbügelt, statt sie anzuerkennen. 

Während das eine Baby als geliebtes Wunschkind wohlhabender, gebildeter Eltern auf die Welt kommt, ist das andere Kind unerwünscht und lediglich eine Belastung, die an den verhassten Expartner erinnert. Dass diese beiden Biographien unterschiedlich verlaufen werden, ist zu erwarten.

Wie genau Menschen sich entwickeln, hängt aber nicht nur von solchen Rahmenbedingungen ab, sondern auch vom individuellen kognitiven Vermögen zu abstrahieren, von Vorbildern, die sie prägen, von Begegnungen, die sie machen, von Beziehungen, die sie eingehen. 

Es gibt vieles, was Menschen beeinflussen können, aber noch mehr an Faktoren, die gegeben sind und damit den Raum vorgeben, innerhalb dessen eine Biographie vermutlich ihre Entfaltung finden wird. Alleine kommt niemand sehr weit. Denken Sie an sich: Wer hat Sie geprägt, Ihnen die Richtung gezeigt, Ihnen Mut zugesprochen? Wieviel ist erarbeitet, wieviel ist verdankt? Letzteres ist oft überraschend viel. 

In der Mitte des Jahres möchte ich an dieser Stelle nochmal Werbung für die Jahreslosung machen:

Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch Euer Vater barmherzig ist!  - Lukas 6,36

Die Sache mit den Drogen...

 "Wer Drogen nimmt, ist selbst schuld!"

Nein, Drogen habe ich nie genommen, viel zu große Angst davor. Und trotzdem bin ich überzeugt: Schuld hat damit nichts zu tun. Wer auch immer derart ernste Probleme hat, hat meistens auch (machmal tiefer liegende) Gründe dafür, wie er in die Situation gekommen ist. Der Schuldcharakter sollte verschwinden, durch einen Hilfeschrei ersetzt werden. Es braucht Liebe und Aufmerksamkeit, nicht Strafandrohung und Tadel. Wer Drogen nimmt, sollte sich helfen lassen. Neben den Drogen selbst sind auch die Streckmittel ausgesprochen gefährlich. Zum Beispiel wird Glaspulver genommen um Drogen zu strecken, das kann bei Inhalation aber zu Lungenrissen führen. Das soll nicht sein. Schämt Euch nicht, sucht Euch Hilfe. Ihr seid es wert! Es ist nie zu spät sich helfen zu lassen! 

Warum bin ich Christin?

 Ich bin Christin, weil ich nur so getrost durchs Leben gehen kann. 

In der Nachfolge Jesu finde ich Orientierung. Die Bibel ist für mich wie eine Anleitung zum Leben. Die weltweite Gemeinschaft mit anderen Christ*innen gibt mir ein Gefühl der Beheimatung und Zugehörigkeit. Gott ist uns Trost im Leben, Jesus ist der Grund unserer Hoffnung. Wir wissen zu danken und die Schöpfung als schützenswertes Wunder zu begreifen. Diese Art die Welt zu sehen und das Leben zu deuten ist mir extrem kostbar. Der Wert der Hoffnung lässt sich eben nicht beziffern!  

Ein Wohlfühlort für Christ*Innen, ein Zufluchtsort für alle: Kirchen

Quelle: Sophie Schäfer
Jesus thront. - Arundel Castle.

Ralph Voß interviewt.... Erschienen in GemeindeLeben. Kirche für die Stadt. Gemeindebrief der ev.-luth. Stadtkirchengemeinde Münden März-Mai 2021

Interview mit Pastorin Schäfer

Wie sind Sie zum Beruf der Pfarrerin gekommen?

Theologie zu studieren war eine ziemlich spontane Entscheidung und widersprach allem, was ich bis dahin vorhatte. Ich hatte auf dem Gebiet keine Ahnung, aber brauchte Wissen. Ich blieb dabei, und schloss mein Studium in Göttingen ab. Nach dem Vikariat in Nikolausberg, das ich 2016 beendete, war ich ein Jahr Seelsorgerin im Maßregelvollzug in Moringen für straffällig gewordene psychisch- und suchtkranke Menschen. Danach wurde ich Berufsschulpastorin, zunächst in Hildesheim und seit August 2019 im Kirchenkreis Münden. Hier bin ich neben meiner Aufgabe in der Schule noch mit einer ¼ Stelle für Gottesdienste und Seelsorge im Kirchenkreis tätig. Außerdem engagiere ich mich als Notfallseelsorgerin und koordiniere auch diesen Dienst im Kirchenkreis. 

Was sind Ihre speziellen Aufgaben und Erfahrungen als Berufsschulpastorin?

Ich unterrichte "Religion" als evangelische Christin. Dieser Religionsunterricht ist aber kein Konfirmandenunterricht, es nehmen junge Menschen anderer Konfessionen und Religionen an meinem Unterricht teil. Für alle Schülerinnen und Schüler bin ich außerdem Ansprechpartnerin, falls sie Sorgen haben. Wir vereinbaren dann einen Termin und treffen uns in einem Raum in der Schule, in dem wir ungestört reden können. Ich erlebe oft Jugendliche aus prekären persönlichen und sozialen Verhältnissen. Ich möchte gerade für sie Ansprechpartnerin sein, so wie ich es mir selbst früher gewünscht hätte.

Und bei ihren anderen Tätigkeiten? 

Ich mache Vertretung für Pfarrerinnen und Pfarrer, feiere Gottesdienste in unterschiedlichen Gemeinden, übernehme Beerdigungen und Hochzeiten.

Die Arbeit in der Notfallseelsorge bedeutet für mich tätige Nächstenliebe, die dann zum Einsatz kommt, wenn Menschen in großer Not sind: Nach einem Verkehrsunfall, Todesfall oder um mit der Polizei zusammen Todesnachrichten zu überbringen. 
So nehme ich Anteil am Leben vieler Menschen mit all seinen Höhen und Tiefen.

Wie sehen Sie die Lage und Zukunft der Kirche?

Wir sollten nicht ständig auf die negativen Nachrichten über den Bedeutungsverlust der Kirche und die schwindenden Mitgliederzahlen blicken. Wenn wir beim Autofahren unseren Blick auf einen dicht an der Fahrbahn stehen den Baum vor uns fixieren, laufen wir Gefahr ihn zu treffen. Wir sollten nicht auf das Schlechte starren, sondern auf dem vorhandenen Guten aufbauen. Auch in der Frühzeit des Christentums gab es lange nur wenige Gläubige. Dann kam es ganz anders. So kann auch jetzt die Zukunft unserer Kirche ganz anders werden, als wir uns das jetzt oft negativ vorstellen. Schließlich wirkt Gott selbst mit seinem Geist in unserer Kirche und ist bei uns. Darauf können wir uns verlassen.

Wir sollten dankbar sein für die immer noch vielen Kirchenmitglieder. Selbst wenn sie wenig in unseren Gemeinden in Erscheinung treten, so dienen sie mit ihren finanziellen Beiträgen solidarisch vielen sozialen Projekten und tragen so Jesu Aufforderung zur Nächstenliebe, für die Schwachen in der Welt einzutreten, weiter. 

Wie empfinden Sie Kirche in Corona Zeiten?

Ich bin beeindruckt von der Veränderungsbereitschaft unserer Kirche, von vielen neuen Aktivitäten in den Gemeinden in und um Hann. Münden, wie z.B. Gottesdienst in der Tüte, Autogottesdienste, Offene Kirche, Youtube-, Pilger- oder Open-Air Gottesdienste …. Hoffentlich nehmen das viele Menschen wahr.

Gott sucht das Herz aller Menschen. Als Kirche sollen wir auf verschiedene Arten das Gespräch mit ihnen suchen. Es ist eine wertvolle und wunderschöne Aufgabe daran zu arbeiten

Wir sollten aber auch daran denken, dass unabhängig von Corona viele andere schwere Probleme in unserer Welt bleiben, denen wir uns stellen müssen: dem Klimawandel, den Flüchtlingen und dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schäfer.

Interview von Ralf Voß
Quelle: Ralph Voß

Ja, ich unterrichte!

Mein Fach heißt "Religion" und ich bin evangelische Christin. Meine Tätigkeit als Schulpastorin ist auf ein paar Jahre begrenzt. Bis dahin unterrichte ich Religion. Religionsunterricht ist aber kein Konfirmandenunterricht. Und so nehmen junge Menschen anderer Konfessionen und Religionen an meinem Unterricht teil. Für alle Schülerinnen und Schüler bin ich außerdem Ansprechpartnerin, falls sie Sorgen haben. Wir vereinbaren dann einen Termin und treffen uns in einem Raum in der Schule, in dem wir ungestört reden können. 
Jenseits des Unterrichts mache ich Vertretung für KollegInnen und feiere auch Gottesdiensten in unterschiedlichen Gemeinden, mache Beerdigungen und Hochzeiten.
Auch in der Notfallseelsorge bin ich aktiv. Das ist eine tätige Nächstenliebe, die dann zum Einsatz kommt, wenn Menschen in großer Not sind: Nach einem Verkehrsunfall, Todesfall oder um mit der Polizei zusammen Todesnachrichten zu überbringen. 
Alles in allem kann man sagen: Ich nehme Anteil am Leben vieler Menschen mit all seinen Höhen und Tiefen. Manche Begegnung bleibt puntkuell, manch eine Begegnung begleitet Menschen ein Stück ihres Weges. Ich mag die Vielseitigkeit meiner Arbeit, die Freiheit zur Gestaltung und Schwerpunktsetzung und die vielen Begegnungen, die mein eigenes Leben bereichern. Für diese Arbeit brauche ich Gottes Hilfe und ich tue stets mein Bestes zur Ehre Gottes. 
Quelle: Sophie Schäfer

Warum gibt es das Fach "Religion" in der Schule?

1. Wir sammeln Wissen, damit wir uns gut mit Menschen anderer Kulturen und Religionen verständigen können. Im Moment gibt es in unserer Gesellschaft viel Unruhe und viele Feindseligkeiten. Auseinandersetzung mit dem, was fremd erscheint, hilft, Vorurteile abzubauen und am Frieden zu arbeiten.
a)    Grundgesetz Artikel 4 garantiert positive (Zugehörigkeit zu einer Religion) und negative (konfessionslos) Religionsfreiheit.
b)    Kommt für mich ein kirchlicher Arbeitgeber in Frage?

--  Ebene: Gesellschaft. 

2. Einen respektvollen Umgang mit „Andersgläubigen“ im Klassenverband lernen und üben. Aushalten lernen, dass manche Menschen die eigene Meinung nicht teilen und trotzdem mit allem Respekt zu behandeln sind. Wo aber hört die Meinungsfreiheit auf? Wo wird die Freiheit des Anderen tangiert? Das wollen wir herausfinden.

-- Ebene: Klasse

3. Ist Religion etwas für mich? Könnte eine Religion mein Leben bereichern oder mir eine Kraftquelle sein? Was genau will ich über welche Religion lernen? Ich bin …. Meine Lehrerin ist evangelische Christin. Möchte ich von ihr etwas erfahren oder aktiv etwas von meiner Religion erzählen? 
-- Individuelle Ebene
Quelle: Sophie Schäfer
Ein hartes Schuljahr liegt hinter uns allen. Aber es ist geschafft! Das neue kann nur besser werden.

Für wen ist der Religionsunterricht?

Der Religionsunterricht wendet sich an ALLE. Man muss nicht "gläubig", getauft oder gar konfirmiert sein, um teilzunehmen. Auch alle Atheisten, Agnostiker, Muslime, Yeziden, und alle Menschen anderer Religionen oder Weltanschauungen sind herzlich eingeladen, dass wir gemeinsam den Geheimnissen des Lebens auf die Spur gehen.

Wie wird man eigentlich PastorIn?

Um Pastor zu werden, studiert man Theologie. Das heißt übersetzt: Die Lehre von Gott. Das Studium beginnt mit dem Erlernen der drei Sprachen Hebräisch, Griechisch, Latein (insofern man die Sprachen nicht schon in der Schule gelernt und das Latinum, Graecum oder Hebraicum erworben hat). Im Grundstudium lernt man kennen, worum es eigentlich geht. Man liest die Bibel und übersetzt fleißig Texte, die anschließend nach aktuellen literaturwissenschaftlichen Standards (historisch-kritische Exegese) analysiert werden. Man beginnt die 2000 Jahre Kirchengeschichte zu lernen und tastet sich an die Systematik ran: Letztere ist ein Fach, das eng mit der Philosophie verwandt ist. Unterschiedliche Theologen mit ihren unterschiedlichen Glaubenswelten entwickelten jeweils stringente Konzepte, wie der Glaube ausleg- und lebbar wird. Außerdem gehört Philosophie zum Studium und zuletzt noch die Praktische Theologie, die sich mit der Theorie in der Lebenswelt von Pastoren befasst. Nach der Zwischenprüfung werden alle Inhalte im Hauptstudium wesentlich vertieft. 

Am Ende des Studiums steht das erste Examen. Es gibt neben einer ca. 45-seitigen Hausarbeit und einer Predigt auch schriftliche und mündliche Prüfungen in allen Fächern. Neben dem Übersetzen von Texten sind alle Inhalte, die jemals im Studium gelehrt wurden, mögliche Prüfungsgegenstände. 
Studium geschafft, ab ins Vikariat: Da lernt man alle Aufgaben, die ein Pastor in einer Gemeinde zu bewältigen hat. Sitzungen vorbereiten und leiten, Verwaltung einer Gemeinde (Friedhof + Kindergarten), Gottesdienste feiern, Hausbesuche und Konfirmandenarbeit machen, Beerdigungen, Trauungen und Taufen übernehmen, Seelsorge leisten, etc pp.

Man verbringt die Hälfte der Zeit in der Gemeinde, wo man einen Mentor/eine Mentorin hat, der/die das Erlebte mit einem Vikar/einer Vikarin reflektiert, und die Hälfte der Zeit ist man im Seminar, wo man theoretische Inputs bekommt. Nach dem zweiten Examen wird man ordiniert. Das ist die feierliche Verpflichtung eines neuen Pastors/einer neuen Pastorin. 

Der Beginn meines Vikariats

Quelle: U. Hundertmark
Ins Vikariat wird man im Rahmen eines Einführungsgottesdienstes aufgenommen und so auch der Gemeinde vorgestellt. Meiner war 2014.

Theologie ohne Vorwissen?

Liebe Mia,

ja. Man kann Theologie komplett ohne Vorwissen studieren. Geht problemlos. Es gibt keinen Aufnahmetest und keinen NC. Aber wenn Du wirklich nichts weißt, musst Du eine ganze Zeit lang damit leben, dass so ziemlich jeder Kommilitone mehr weiß als Du. Jedenfalls war das bei mir der Fall. Niemand wusste weniger als ich. Und natürlich kannst Du schnell aufholen. Nach zwei Jahren fällt nichts mehr auf. Mit dem Übersetzen biblischer Bücher wächst auch das Wissen. Bei mir war es so, dass ich im Hinblick auf die Theologie sehr unsicher blieb darum schwieg. Ist aber gar nicht so irrsinnig geschickt und auch nicht empfehlenswert, weil / wenn man später einen Sprechberuf hat.

Nein, ich bedaure nichts. Und trotzdem weiß ich manchmal nicht, ob es bekloppt war, etwas zu studieren, was überhaupt nicht meinen „Stärken“ entsprach. Zur Theologie als Geisteswissenschaft hatte ich lange nicht wirklich einen Draht.

Im Nachhinein bin ich dankbar für all die Kämpfe mit Gott, für die Zweifel, die Abgründe und auch für die Kraft, die Zuversicht und die hoffnungsvollen Momente, die ich durch die theologische Auseinandersetzung erlebt und gewonnen habe. Es hat mich wachsen lassen. Aber natürlich kann Wachstum sehr schmerzhaft sein.

Nein. Ist vielleicht enttäuschend, aber ich bin die letzte, von der ich sagen würde, dass sie Ahnung vom Leben oder von Gott hat. Ich habe Jesus nicht getroffen, ich habe keine Visionen gehabt und ich habe keine Ahnung, warum das Leben so erdrückend schwer sein kann. Für manchen Schmerz gibt es keine Linderung. Ich stehe mit leeren Händen vor Gott. Ich will Gott dienen, für meine Mitmenschen da sein. Ich vertraue Gott, aber ich verstehe ihn nicht.

Ich schätze die Gestaltungsfreiheit an meinem Beruf. Ich mache echt viele unterschiedliche Sachen und fühle mich ausgelastet und glücklich.

Außerdem mag ich meine Kollegen und Kolleginnen sehr gerne und ich schätze die Zuverlässigkeit und das Arbeiten am gemeinsamen Ziel der tätigen Nächstenliebe. 

Dir wünsche ich einfach, dass Du auf Dein Herz hörst. Mose wollte auch nicht sofort, als Gott ihn rief. Jesaja auch nicht. Jeremia auch nicht. Jona sowieso nicht. Aber Gott findet seine Wege. Hör auf Dein Herz. Gott spricht zu Dir durch Dein Herz.

Gottes Segen auf Deinem Weg!

Deine Sophie

Wir feiern Taufe!

Quelle: Johannes Schäfer
Die Taufe ist die Aufnahme des Täuflings in die Gemeinde aller Christen + in die spezifische Ortsgemeinde. Sie geschieht im Namen des dreieinigen Gottes: Jesus erzählte von diesem liebenden Gott. In der Taufe wird dem Täufling Gottes Segen zu-gesprochen.

überzeugt evangelisch

Diese Frage kann ich ganz klar beantworten: 
 
Wenn ich nur die Wahl hätte, 
katholisch oder konfessionslos zu sein, 
wäre ich ganz klar konfessionslos.
 
Ich mag meine katholischen Glaubensgeschwister.

Aber ich mag nicht die Lehre, die der Papst vorgibt.
Ich mag nicht die frauenverachtende Haltung, die der Papst stets bekräftigt.
Ich kann nicht ertragen, dass sexualisierte Kinderfolter auf der gleichen Stufe mit Frauenordination steht.
Ich mag nicht die top-down-Hierarchie der katholischen Kirche.
Ich mag nicht die Unmündigkeit, die der Papst den Gläubigen zumutet.
 
Ich glaube an Christus als Weg zu Gott.
Ich bin Christin.
Ich bin überzeugt evangelisch,
denn ich schätze die Mündigkeit jedes Individuums,
unabhängig vom Geschlecht,
und die basisdemokratischen Strukturen.

Und gewiss findet jemand anders ganz eigene, andere Zugänge zum Katholizismus.
Es ist gut, dass Menschen unterschiedlich sind.
Quelle: Sophie Schäfer
Nähre die Leidenschaft in Dir!

Freiheit

 Nein! 
Ich bin nicht männerfeindlich. 
Ich liebe es die männliche Perspektive in meinem Leben zu haben. 
Wenn ich auf mein Leben sehe, bin ich seit fast 18 Jahren in einer Beziehung zu einem Mann 
und ich bin, wer ich bin, durch einen starken Mann. 
Danke Johannes. 
Du hast meine Kämpfe miterlebt und ausgehalten. 
Fast 15 Jahre. 
Meine ganze Liebe gilt den Männern in meinem Leben. 

Ich kritisiere manche Strukturen, Gewohnheiten und Konventionen. 
Bestimmte Assoziationen sollten nicht blind weitergetragen werden.
Es gibt menschenfeindliche Männer und genauso menschenfeindliche Frauen.
Frauen können wahrhaftig grauenhaft sein.
Das steht außer Frage.

Und ganz unabhängig davon glaube ich, dass Menschen allgemein sehr davon profitieren,
wenn Menschen, unabhängig vom Geschlecht, die gleichen Rechte haben und ausüben können. 
Wenn man nicht geschlechsabhängige Vorurteile verbreitet
und Talente in Männern UND Frauen dadurch abtötet.
Deshalb setze ich mich genauso für die Rechte der Männer ein,
vollwertig anerkannter Hausmann, Ballettänzer oder Cheerleader zu sein.
Männer sollten alles machen können, was sie tun wollen.
Frauen sollten alles machen können, was sie tun wollen.
Unabhängig vom Geschlecht.
Ungehemmte Persönlichkeitsentwicklung, die niemandem schadet, nenne ich Freiheit.
Das finde ich erstrebenswert.