Liebe Gudrun,
eben sehe ich Deine Email. Du fragst nach der Bedeutung Marias in der katholischen Kirche. Das sei ja auch eine wichtige Frau, die von vielen Männern verehrt wird. Und damit hast Du völlig recht. Maria ist sicherlich eine ganz außerordentliche Persönlichkeit gewesen. Dafür wird sie aber nicht so sehr verehrt, sondern mehr für ihre Funktion der Gebärenden und Rolle der Erlöser-Mutter. Erlöser-Mutter zu sein ist eben etwas sehr Besonderes. Deshalb wurde im Laufe der Zeit auch sehr wichtig, dass sie als Erlösermutter eine Jungfrau (statt ursprünglich „junge Frau“ – ein Übersetzungsfehler, aus dogmatischen Gründen aber festgelegt) gewesen sein müsse. Und damit hebt sich Maria von allen anderen Frauen ab und statuiert ein völlig unerreichbares Ideal. Wir wissen, dass es für die Zeugung eines Kindes den männlichen und den weiblichen Beitrag braucht – egal ob durch Sex oder IVF. Da also alle Mütter Sex (bzw. Spermien im Körper) hatten und die meisten Frauen Sex haben, tendieren sie sofort eher zur sündhaften Eva als zur heiligen Maria.
Das wäre egal, wenn nicht die durchschnittliche Frau dadurch abgewertet würde, und der durchschnittliche Mann durch den Mann Jesus aufgewertet würde. Das bestärkte, dass Männer per se einen Eigenwert hatten, Frauen aber in erster Linie durch ihre Funktion als Gebärende und Rolle als fürsorgliche Mutter Aufwertung erfuhren. Das ist wunderbar für die Frauen, die in dieser Rolle voll aufgehen. Frauen, die aber lieber lernen wollten oder Bildung und Familie anstrebten, hatten keine Chance.
Ich denke, dass diese – bis in die Gegenwart wirkende – Dichotomie „Hure“ oder „Heilige“ daher kommt. Denn in der katholischen Kirche sind primär zwei Frauen wichtig: Maria als Ideal und Eva als Verkörperung der sündhaften Verführung.
Ich wünsche mir, dass weder Männer noch Frauen durch sexuelle (In-)Aktivität Auf- oder Abwertung erfahren.
Die Forschung geht übrigens davon aus, dass Maria durchaus ein Teenager gewesen sein könnte, der nach Vergewaltigung schwanger wurde. Das ist ein ganz anderes Bild als das der unerreichbaren „Heiligen Mutter Gottes“. Ich persönlich mag das Bild sogar sehr, weil Gott aus dem Niedrigsten etwas Gutes schaffen kann. Mit Gottes Hilfe ist auch das Unmögliche irgendwie zu bewältigen. Und um so besser, wenn männliche Hilfe – wie die des Josef – dazukommt. Das ist regelrecht weltrettend.
Herzliche Grüße
Sophie Schäfer
Herzliche Grüße
Sophie Schäfer
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