Die Nachricht traf mich als ich im Kunstunterricht saß, in der zweiten Stunde. Es sickerte nur als Nachricht durch, niemand hatte ein Smartphone, es gab keine Fernseher im Kunstraum.
Bis eben war noch alles normal gewesen, jedenfalls normal für die West High School in Madison / Wisconsin. Der Tag begann mit der über Lautsprecher in alle Klassenräume übertragenen Ansage:
"We live in a nation of freedom. Participation in the Pledge or Anthem is voluntary. Those who wish to participate may stand; others may remain seated. You are asked to stand still during the playing of the Anthem."
Dann die Nationalhymne. Anschließend wurde die Pledge of Allegiance gesprochen. Meine Kunstlehrerin war recht patriotisch. Die Hymne wurde immer im Kunstunterricht gespielt, also immer bei der Lehrerin. Sie wollte, dass alle Schüler*Innen für beides aufstehen, aber man musste die Pledge nicht mitsprechen. Eine sehr begabte Schülerin war jeden Tag aufs Neue rebellisch und blieb auch an dem Tag auf ihrem Stuhl sitzen. Ich mochte sie sehr dafür, dass sie keine Mitläuferin war. Ich stand zwar aus Respekt vor der Nation, bei der ich zu Gast war, aber weder legte ich meine Hand aufs Herz noch sprach ich mit; ich bevorzugte das Schweigen. Der Unterricht begann.
"We live in a nation of freedom. Participation in the Pledge or Anthem is voluntary. Those who wish to participate may stand; others may remain seated. You are asked to stand still during the playing of the Anthem."
Dann die Nationalhymne. Anschließend wurde die Pledge of Allegiance gesprochen. Meine Kunstlehrerin war recht patriotisch. Die Hymne wurde immer im Kunstunterricht gespielt, also immer bei der Lehrerin. Sie wollte, dass alle Schüler*Innen für beides aufstehen, aber man musste die Pledge nicht mitsprechen. Eine sehr begabte Schülerin war jeden Tag aufs Neue rebellisch und blieb auch an dem Tag auf ihrem Stuhl sitzen. Ich mochte sie sehr dafür, dass sie keine Mitläuferin war. Ich stand zwar aus Respekt vor der Nation, bei der ich zu Gast war, aber weder legte ich meine Hand aufs Herz noch sprach ich mit; ich bevorzugte das Schweigen. Der Unterricht begann.
Dann das. Ein Schüler kam rein, das Tuscheln begann, die Nachricht blieb unglaublich. Stimmte es? War da wirklich gerade ein Flugzeug in einen Twin Tower geflogen? Die Konzentration war weg, alle redeten und berieten immer lauter darüber, ob das Gehörte stimmen könnte. Meine Lehrerin war ziemlich fassungslos. Das war ein Indiz für die Richtigkeit des Gerüchts. Trotzdem fiel es mir schwer das zu glauben. Ich konnte es nicht fassen, denn am Abend des 16. August 2001 war ich noch in einem der Twin Towers gewesen und hatte auf dem Dach stehend in die Ferne der hell beleuchteten Stadt geschaut. Meine ersten drei Tage in den USA hatte ich in NYC verbracht.
Das Erlebnis im Twin Tower ist mir in so guter Erinnerung; vielleicht weil es nachträglich so emotional aufgeladen wurde. Die Fahrstühle im Twin Tower waren wirklich schnell, sodass die Dame, die uns begleitete, uns riet, immer wieder zu schlucken um den Druck auszugleichen. Oben auf dem Dach war der Blick wirklich beeindruckend. Das, was unten groß erscheint, ist von oben so klein. Menschen wirkten wie Ameisen. Ich verharrte dort und wollte nicht sprechen, einfach nur gucken und staunen.
Als es wieder aus dem Gebäude rausging, war ich die letzte in der Gruppe. Ich kaufte noch eine Freiheitsstatue oben im WTC und huschte dann schnell hinterher. Wieder mit dem großen, schnellen Fahrstuhl runterfahren, das riesige Gebäude als eine der vielen Ameisen von eben verlassen.
An dem Tag lief der Unterricht mehr schlecht als recht weiter. Die Matheklausur fiel aus. Der zweite Turm soll gefallen, das Pentagon angegriffen worden sein. Immer noch haben wir keine Bilder gesehen, nur gehört, was passiert sein soll. Mein souveräner, sachlicher, sonst immer so kompetent sprachfähiger Biolehrer war sprachlos. Erschlagende Sprachlosigkeit, unbeschreibliche Fassungslosigkeit bei allen.
Hat die Dame aus dem Fahrstuhl überlebt? Was ist mit der Frau, die mir die Statue verkauft hat? All das schien mir so irreal. Meine Gastfamilie hatte keinen Fernseher. Ich sah die Bilder an dem Tag nicht. Am nächsten Tag kaufte ich alle Zeitungen, die ich finden konnte. Ich fing an es zu glauben, aber fassen konnte ich es immer noch nicht.
Hat die Dame aus dem Fahrstuhl überlebt? Was ist mit der Frau, die mir die Statue verkauft hat? All das schien mir so irreal. Meine Gastfamilie hatte keinen Fernseher. Ich sah die Bilder an dem Tag nicht. Am nächsten Tag kaufte ich alle Zeitungen, die ich finden konnte. Ich fing an es zu glauben, aber fassen konnte ich es immer noch nicht.
Bitte melde Dich an, um einen Kommentar zu schreiben...