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Erbsünde: 3. Frauenfeindliche Spuren einer alten Tradition

Sat, 02 Oct 2021 22:00:00 +0000 von Schulpastorin und Notfallseelsorgerin Sophie Schäfer

Ich frage mich, wie viele Menschen die Nase gerümpft haben, als sie untenstehendes Foto beim Eintrag vom 1.10. das erste Mal sahen. Ob es Empörung gab? Wie kann eine Pastorin ihren Ausschnitt zeigen? Und ich frage mich auch, warum es solche Gedanken gibt. Was ist da auf dem Bild wirklich zu sehen? Eigentlich gar nichts Besonderes, Anstößiges, Außergewöhnliches.

Niemand fände einen Bart an Männern anstößig. Das ist deren sekundäres Geschlechtsmerkmal, ganz normal. Bei Frauen sind Brüste das sekundäre Geschlechtsmerkmal, aber zutiefst anstößig, auch im 21. Jahrhundert noch. 

Warum?

Weiblichkeit wird mit Verführung und Sündhaftigkeit gleichermaßen in Verbindung gebracht. Die Frau – sie bringt den Mann um den Verstand und verführt ihn Dinge zu tun, die er nicht will. Er ist entlastet, sie ist als schlechter Einfluss schuld. Genau das ist die Adamstrategie aus Genesis 3.

Gerade gegenwärtige evangelische Theologen und Theologinnen sind es, die eine solche direkte Weiterführung der Sündenfallerzählung kritisieren und die Verantwortung beider Geschlechter betonen. Die verführende Frau hätte keinen Bedeutung, wenn der Mann seine Verantwortung sieht, übernimmt und seine eigene Entscheidung trifft. 

Dennoch ist sie tief in der der Gesellschaft verwurzelt: Die Nachrangigkeit von Frauen. In der katholischen Kirche äußert sich das so, dass Frauen nicht nur nicht geweiht werden dürfen, sondern der Versuch allein schon als „schwere Straftat“ gewertet wird, in einem Atemzug mit sexualisierter Kinderfolter genannt.

Männer können nicht unbedingt etwas „dafür“, dass sie gesamtgesellschaftlich höher anerkannt sind. Die Dominanz von Männern im öffentlichen Leben ist (lange) gesellschaftliche Normalität (gewesen). Und als solche immer noch höchst anerkannt. Nur Männer in Führungsposten? Normal. 

Zu viele Frauen in Führungspositionen: Die Stadt Paris musste dafür eine Strafe bezahlen: 

Eine solche Angst vor Machtverlust gäbe es bei uns in Deutschland nicht? Doch:

Dies ist die Spitze des Eisbergs. Denn die Liste lässt sich spannend fortsetzen. Wird auch passieren….

Kann man also sagen, dass Augustinus schuld ist an einer kulturell gepflegten Abwertung des Weiblichen? Nein. Lange nicht. Augustinus hat mit seiner Erbsündenlehre bloß dazu beigetragen, dass Eva als Hauptschuldige für die menschliche Fehlbarkeit betrachtet wird. Eine frauenfeindliche Tradition hat damit an Legitimation und Aufschwung gewonnen. 

Wie ist diese frauenfeindliche Tradition zustande gekommen? Mehr dazu am morgigen Montag. 
Quelle: Sophie Schäfer
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