Die Nachricht traf mich als ich im Kunstunterricht saß, in der zweiten Stunde. Es sickerte nur als Nachricht durch, niemand hatte ein Smartphone, es gab keine Fernseher im Kunstraum.
Bis eben war noch alles normal gewesen, jedenfalls normal für die West High School in Madison / Wisconsin. Der Tag begann mit der über Lautsprecher in alle Klassenräume übertragenen Ansage:
"We live in a nation of freedom. Participation in the Pledge or Anthem is voluntary. Those who wish to participate may stand; others may remain seated. You are asked to stand still during the playing of the Anthem."
Dann die Nationalhymne. Anschließend wurde die Pledge of Allegiance gesprochen. Meine Kunstlehrerin war recht patriotisch. Die Hymne wurde immer im Kunstunterricht gespielt, also immer bei der Lehrerin. Sie wollte, dass alle Schüler*Innen für beides aufstehen, aber man musste die Pledge nicht mitsprechen. Eine sehr begabte Schülerin war jeden Tag aufs Neue rebellisch und blieb auch an dem Tag auf ihrem Stuhl sitzen. Ich mochte sie sehr dafür, dass sie keine Mitläuferin war. Ich stand zwar aus Respekt vor der Nation, bei der ich zu Gast war, aber weder legte ich meine Hand aufs Herz noch sprach ich mit; ich bevorzugte das Schweigen. Der Unterricht begann.
Dann das. Ein Schüler kam rein, das Tuscheln begann, die Nachricht blieb unglaublich. Stimmte es? War da wirklich gerade ein Flugzeug in einen Twin Tower geflogen? Die Konzentration war weg, alle redeten und berieten immer lauter darüber, ob das Gehörte stimmen könnte. Meine Lehrerin war ziemlich fassungslos. Das war ein Indiz für die Richtigkeit des Gerüchts. Trotzdem fiel es mir schwer das zu glauben. Ich konnte es nicht fassen, denn am Abend des 16. August 2001 war ich noch in einem der Twin Towers gewesen und hatte auf dem Dach stehend in die Ferne der hell beleuchteten Stadt geschaut. Meine ersten drei Tage in den USA hatte ich in NYC verbracht.
Das Erlebnis im Twin Tower ist mir in so guter Erinnerung; vielleicht weil es nachträglich so emotional aufgeladen wurde. Die Fahrstühle im Twin Tower waren wirklich schnell, sodass die Dame, die uns begleitete, uns riet, immer wieder zu schlucken um den Druck auszugleichen. Oben auf dem Dach war der Blick wirklich beeindruckend. Das, was unten groß erscheint, ist von oben so klein. Menschen wirkten wie Ameisen. Ich verharrte dort und wollte nicht sprechen, einfach nur gucken und staunen.
Als es wieder aus dem Gebäude rausging, war ich die letzte in der Gruppe. Ich kaufte noch eine Freiheitsstatue oben im WTC und huschte dann schnell hinterher. Wieder mit dem großen, schnellen Fahrstuhl runterfahren, das riesige Gebäude als eine der vielen Ameisen von eben verlassen.
An dem Tag lief der Unterricht mehr schlecht als recht weiter. Die Matheklausur fiel aus. Der zweite Turm soll gefallen, das Pentagon angegriffen worden sein. Immer noch haben wir keine Bilder gesehen, nur gehört, was passiert sein soll. Mein souveräner, sachlicher, sonst immer so kompetent sprachfähiger Biolehrer war sprachlos. Erschlagende Sprachlosigkeit, unbeschreibliche Fassungslosigkeit bei allen.
Hat die Dame aus dem Fahrstuhl überlebt? Was ist mit der Frau, die mir die Statue verkauft hat? All das schien mir so irreal. Meine Gastfamilie hatte keinen Fernseher. Ich sah die Bilder an dem Tag nicht. Am nächsten Tag kaufte ich alle Zeitungen, die ich finden konnte. Ich fing an es zu glauben, aber fassen konnte ich es immer noch nicht.
Den Canon von Pachelbel kenne ich wirklich schon ewig, gefühlt mein ganzes Leben. Aber durch diese Interpretation des Brooklyn Duos mit Flügel und Cello habe ich ihn nochmal ganz neu kennengelernt. Das war eine wirklich spannende Erfahrung für mich. Ist vielleicht aus Musikersicht völlig unzulässig, aber da ich im Hinblick auf Musik wirklich ahnungslos bin, schreibe ich ganz unbedarft, wie sich das für mich angehört hat und bitte um Nachsicht oder Ignoranz dieses Beitrags.
Der Canon in dieser Version hörte sich für mich an als würde ein ganzes Leben vertont werden. Wie wenn mit dem Flügel die ersten Schritte im Leben gelingen. Mit dem Einsetzen des Cellos entwickelt der junge Mensch langsam aber stetig seine eigene Lebensmelodie und ein gesunder Zusammenklang mit dem Anderen entsteht.
Nach knapp zwei Minuten: Der junge Mensch geht erstmals eigene Wege, es hört sich fast nach etwas trotziger Selbständigkeit an.
Ab Min 2:30: Der Mensch findet und lebt gemeinsam mit dem Anderen Wege der gegenseitigen Ergänzung, der fruchtbaren Zusammenklänge.
Spätestens ab der vierten Minute wird es deutlich ruhiger. Die Akkordfolge bleibt die ganze Zeit erhalten und trotzdem wird deutlich: Die Kraft wird weniger. Das Leben kommt langsam zum Ende, besonders ab 4:12 wird ein naher Abschluss ganz deutlich. In Min 4:20 ein letztes Weinen des Cellos (mein Highlight!!), ein letztes Aufbäumen, ein letztes weinendes Nein, bevor sich das Cello ins Ende einfügt und alles aufhört.
Je besser die Tonqualität, desto mehr Freude bereitet das Zuhören.
An alle Musiker und Musikerinnen: Was hatte Pachelbel wirklich im Sinn als er das schrieb?? Ja, es ist für eine Hochzeit geschrieben, aber was hat ihn zu der Melodie geführt? Das fände ich spannend zu erfahren.
Man sagt... es sei implizite Religionskritik, dass das Christentum keine Lösungen für die Fragen unserer Zeit parat hätte.
Dann stellt sich mir die Frage, was denn als Lösung durchgeht. Und die Frage ist, welche Fragen überhaupt (an "das Christentum") gestellt werden. Es ist richtig, dass kein Theologe einen Impfstoff entwickeln wird. Besonders in dieser Zeit wird überdeutlich, dass Impfstoff alleine nicht reicht. Es braucht auch die Motivation selbst tätig zu werden, aktiv Rücksicht auf andere zu nehmen und die Lebensmöglichkeit auf diesem Planeten zu erhalten.... Nicht nur für sich selbst. Das ist die Aufgabe des Glaubens. Er bewegt den Menschen von innen, ruft ihn auf, in tätiger Nächstenliebe zu tun, was möglich ist, die Schöpfung zu bewahren, so gut er kann. Denn jeder Christ weiß, dass er nur Gast ist auf dieser Erde, dass Zeit verdankt ist und Weitsicht die einzige Möglichkeit für die Bewahrung/Erarbeitung des Friedens ist. Der Glaube muss gar nicht alle Antworten kennen. Es reicht im Vertrauen auf Gott und in Verantwortung für das eigene Handeln das Leben zu bewältigen.
wenn ich das richtig verstanden habe, überlegst Du, zu einer Religion zu wechseln, welche die Rolle der Frau enger begrenzt versteht. Außerdem habe ich da herausgelesen, dass Du Dich Deinem Mann gerne unterwerfen möchtest. Ich glaube, Du stehst gerade vor einer relativ schwierigen Entscheidung, weil die Tragweite doch recht groß ist.
Dass die Rolle der Frauen enger gefasst wird, ist ein Phänomen, das es in allen Weltreligionen gibt. In manchen streng katholischen Gemeinden oder evangelischen Freikirchen kommt das genauso vor wie im (ultra-)orthodoxen Judentum oder vielen muslimischen Gemeinschaften.
Ich verstehe gut, dass das liebende Herz einer Frau den starken Wunsch nach völliger Hingabe spürt. Ich denke, Weiblichkeit hat viele Gesichter und dieselbe Frau kann das Bedürfnis nach Unterwerfung in einer Beziehung spüren, in der nächsten nicht, je nach dem, was ihr Partner für ein Mann ist. Die Freiheit liegt, denke ich, darin, dass Du Dir selbst aussuchst, ob und inwiefern Du Dich Deinem Mann unterwerfen möchtest. Es macht einen Unterschied, ob das ein Konsens ist, der für beide Partner in Ordnung ist, oder ob das eine kulturell bedingte Erwartung ist, die erfüllt werden muss.
Hingabe ist allerdings nicht Selbstaufgabe. Möglicherweise kannst Du Deiner Arbeit nicht länger nachgehen, weil die Rolle der Frau das nicht vorsieht. Das war übrigens auch in Deutschland lange der Fall! Erst 1958 "durften" Frauen über ihr eigenes Konto verfügen. Schau mal hier:
Ich kann mir vorstellen, dass es Dir helfen könnte, wenn Du Dich mehr mit den Glaubensinhalten der Religionen beschäftigst. Dann kannst Du ja sehen, was Dir am meisten zusagt. Bei ChristInnen steht übrigens auch ein Mann im Zentrum… Jesus. :-) An ihm schätze ich, dass er Frauen nie abgewertet hat. Für welche Religion auch immer Du Dich entscheidest, ich wünsche Dir eine Entscheidung, mit der Du glücklich wirst.
Jedes Wachstum hat ein Ziel, jedes Werden findet sein Ende Wenn Begegnung in Erinnerung übergeht speist sich die Seele aus dem, was sie an Bildern in sich trägt